Zum sanfteren Ausbruch aus dem zivilisierten Leben schlafen wir in einer netten Lodge am Rande der Kalahari, bevor wir endgültig im Busch verschwinden. Von einsamen Highways, Grenzübergängen, abgelegenen Landschaften und lang ersehnten Geräuschen.
Sonntag, 5. Dezember 2021
Windhoek - Kalahari Bush Breaks
Beide sind wir wieder früh wach. Gut, gibt es Kaffee auf dem Zimmer! So können wir noch etwas rumlümmeln, mit zuhause Texten, wach werden.
Das Frühstück halten wir kurz, anschliessend räumen wir das Zimmer und fahren dann zu Pathcare Namibia gleich schräg gegenüber vom berühmten Joe’s Beerhouse. Hier wollen wir unseren PCR-Test machen, es ist alles sehr gut organisiert, es hat noch wenig Leute und wir sind schnell durch. Schon weniger als drei Stunden später erhalten wir die (negativen) Befunde per E-Mail.
Danach fahren wir direkt wieder zur Maerua Mall, um im Food Lovers Market noch Fleisch zu holen.
Mit der Lieferung von der Klein-Windhoek Schlachterei hat es leider nicht geklappt wie beim letzten Mal; wir haben nie etwas gehört nach meiner Online-Bestellung und zum nochmals anrufen am Samstag war es schon zu spät, das hatte ich irgendwie verpasst. Aber Willi meinte, das Fleisch hier sei ebenso gut.
Noch einmal geht es zurück zum Hotel, wo wir noch auschecken und unsere Koffer einstellen dürfen. Dann geht es los und wir fahren direkt aus der Stadt in Richtung Gobabis und Buitepos an der Grenze zu Botswana. Nach den letzten Hügeln hinter der Hauptstadt wird es zunehmend flacher, es geht langsam über in die für die Kalahari typische Vegetation und dem rostroten Sandboden.
Irgendwo kurz vor Gobabis machen wir eine kurze Pause an einem dieser Picknick-Bäume, die es überall entlang der Highways gibt. Es ist schön warm und die Luft schwirrt, duftet nun richtig nach Afrika, die Grillen zirpen und ich versuche, es tief in mich aufzusaugen. Endlich sind wir wieder auf Pad, es fühlt sich gut an.
In Gobabis tanken wir noch schnell voll und schon kurz vor 14 Uhr sind wir im Kalahari Bush Breaks. Beim Eintragen am Gate sehe ich, dass in den letzten ca. 10 Tagen gerade mal 6 - 7 Parteien hier waren - Campsite und Lodge zusammen gezählt, heute werden wir die einzigen Gäste bleiben. Der Empfang der Besitzerin ist freundlich, aber etwas lustlos - wer kann es ihr verdenken? Es sind keine Angestellten hier, sie macht momentan alles selbst, denn es sind einfach zu wenige Gäste da.
Als erstes zischen wir erstmal ein Bier, dann können wir Zimmer Nr. 6 beziehen. Das ist immer noch so herrlich wie beim letzten Mal. Es ist wunderbar ruhig, schön sonnig und richtig warm.
Den Nachmittag verbringen wir am Pool und in der Lapa mit direktem Blick auf das Wasserloch und einem kleinen Birding-Warmup. Als erste Säugetiere sichten wir drei Wasserböcke, zwei Impalas und ein Warzenschwein mit beeindruckend grossen Hauern.
Vor dem Essen mache ich mich noch auf eine kurze, lockere Laufrunde auf dem Lodge-Gelände. Nach meinen Irrungen und «beinahe Verschollen gehen» drei Jahre zuvor bleibe ich etwas vorsichtiger und renne nur die Zufahrtsstrasse bis zum Gate und wieder zurück. Für einen längeren und schnellen Lauf muss ich mich ohnehin zuerst noch etwas akklimatisieren, der Temperaturunterschied zu zuhause und die Höhe von doch über 1.000 m.ü.M. lassen den Puls dann schon rasch ansteigen. Aber es ist herrlich, wieder mal in Afrika zu Laufen! Unterwegs sichte ich auch Impalas, Wasserböcke und Kudus sowie Warzenschweine, die sich knapp vor mir aus dem Staub machen.
Das leckere Abendessen nehmen wir dann ganz alleine ein. Der Vater der Besitzerin kommt noch auf einen kleinen Schwatz vorbei - die Abwechslung ist offenbar recht willkommen.
Pappsatt begeben wir uns ins Zimmer, geniessen die herrliche Abendstimmung auf der kleinen Terrasse und gewöhnen uns dann schon mal ein bisschen daran, um Buschmitternacht (21 Uhr) ins Bett zu kriechen.
Daten des Tages
Tageshöchsttemperatur: 30° C
Tageskilometer: 279,7 km
Montag, 6. Dezember 2021
Kalahari Bush Breaks - Masetleng Pan
Würde ich eine Lodge bauen, würde ich das genauso machen; die Fensterfront der Zimmer so ausrichten, dass man einerseits einen direkten Blick auf ein Wasserloch hat und andererseits in Richtung Sonnenaufgang schaut, wenn man frühmorgens die Augen aufschlägt. So kommen wir in den Genuss von unserem ersten echten und herrlichen Sonnenaufgang dieser Reise, als ich kurz nach fünf von einem «Boah, zieh dir das mal rein!» meines Bruders geweckt werde.
Wir setzen uns kurz auf die Terrasse, geniessen das Schauspiel der erwachenden Natur und dem Feuerball am Horizont und legen uns hernach nochmals für knapp zwei Stündchen ins bequeme Bett. Gegen 7 Uhr stehen wir auf, packen unsere Sachen wieder ins Auto und marschieren pünktlich zur ausgemachten Zeit um 7:30 Uhr zum reich gedeckten Frühstückstisch. Es gibt leckeren Früchteteller, Müsli mit Joghurt, Saft, Eierspeisen nach Wahl, Brot mit Konfitüre, Wildwurst und Käse. Wohl verköstigt machen wir uns abfahrbereit, gehen zum Checkout und verquatschen uns dort noch eine Weile mit der Gastgeberin. Das ist schon happig; in den vergangenen 1,5 Jahren hätte sie in etwa so viele Gäste gehabt wie in «normalen» Zeiten in einer Woche…
Hier haben wir uns sehr wohl gefühlt und man spürte förmlich, wie sie sich alle, auch die Ladies von der Küche und der wohl ansonsten eher wortkarge Ehemann der Besitzerin, gefreut haben, mal wieder Gäste verwöhnen zu dürfen. Wir versichern ihr, bestimmt wieder zu kommen und verabschieden uns.
Bis zur Grenze ist es nur eine kurze Fahrt von knapp 25 km und trotz dem Trans Kalahari Highway, der wichtigen Verbindung zwischen dem Hafen von Walvis Bay und dem namibischen Inland, Botswana und Südafrika, ist am Grenzposten sehr wenig los. In weniger als 40 Minuten sind wir aus Namibia aus- und in Botswana eingereist, die Beamten wie immer mürrisch und knapp angebunden.
Ein paar Kilometer weiter, im kleinen Kaff Charles Hill, versuchen wir an der Engen Tankstelle noch Feuerholz zu bekommen und halten nach einem ATM Ausschau. Man guckt uns auf entsprechende Fragen aber nur irritiert an, weder das eine noch das andere gibt es hier.
Tipp: Feuerholz besorgen bei der Durchquerung der Kalahari von Norden
Wir haben es vor dem Grenzübertritt nicht geklärt, aber wenn es erlaubt ist, unbedingt das Feuerholz bereits in Windhoek oder spätestens Gobabis besorgen. Von dort bis in die südafrikanischen Restcamps im Kgalagadi Transfrontier Park gibt es keine Möglichkeiten zum Erwerb. Allenfalls in den kleinen Dörfern auf dem Weg (Ncojane, Ukhwi, Ngwatle oder Zutshwa, aber da müsste man sich durchfragen - gesehen haben wir es nirgendwo - und ich zweifle etwas daran, dass man dort auf dieses Touri-Bedürfnis eingestellt ist).
Ab Charles Hill bis Ncojane ist die Pad noch allerbeste, wohl noch recht neue Teerstrasse mit so gut wie ohne Verkehr.
So bringen wir bei 120 km/h und Tempomat die 104 km zügig hinter uns, danach folgt noch für knapp 50 km in südlicher Richtung bis Ukhwi und ca. 27 km in östlicher Richtung ebenfalls gute, breite Sandpiste. Ab dann wird es tiefsandig und es geht immer fort durch wunderschöne, einsame Kalaharilandschaft.
Nun ist das Vorankommen natürlich wesentlich langsamer und wir geniessen es sehr, halten hier und da mal an, bestimmen den einen oder anderen Vogel, lauschen den Geräuschen, wenn wir kurz aus dem Auto steigen. Ab und an ist ein Steenbok zu sehen, einmal eine kleinere Herde Gnus, ansonsten hat es kein Wild, zumindest keines, das sich zeigt, und in der Nähe der kleinen Siedlungen wird auch Vieh gehalten in Form von Pferden, Eseln und Ziegen.
Nach fast 7,5 Stunden Fahrzeit kommen wir an die Masetleng Pan, man fährt über eine Kuppe und hat dann einen schönen Ausblick über die ganze Pfanne. Ein paar Springböcke und Kuhantilopen können wir ausmachen. Die Campsite selber ist nicht mehr wirklich existent, wobei die Schilder für die Ausweisung der einzelnen Stellplätze zwar noch stehen wie auch das kleine Gebäude, das mal als Ablution gedient haben müsste. Das ist aber komplett verlottert und die nicht mehr nutzbaren WC sehen scheusslich aus, hier kümmert sich schon sehr lange niemand mehr um den Unterhalt.
Wir finden einen schönen Stellplatz in einer Senke und sammeln etwas Totholz für ein Feuer, das wir in einer tiefen Feuergrube anzünden. Es ist extrem abgeschieden hier, die absolute Ruhe - einfach nur genial. Zum Abendessen bereiten wir uns das für die erste Nacht im Busch jeweils traditionelle T-Bone Steak, das fantastisch schmeckt, mit Folienkartoffeln und Sour Cream und einem Gurken-Tomaten-Zwiebeln-Salat.
Es herrscht eine schöne, friedliche Abendstimmung, genau so, wie wir uns das gewünscht haben; die Grillen zirpen, ab und zu gackern noch die Red-billed Spurfowls, ein Nightjar ist zu hören, zwei Mal kurz ein Schakal («The Cry of The Kalahari!»).
Daten des Tages
Tageshöchsttemperatur: 36° C
Tageskilometer: 252,8 km
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