Von der langen Fahrt quer durch die Wüste, purem Bushfeeling, hektischem Geflatter, überraschenden Besuchen, die das Herz höher schlagen und Angsthasen flüchten lässt, Gewitterfronten und bezaubernden Stimmungen weitab jeglicher Zivilisation.
Mittwoch, 15. Dezember 2021
Nossob Restcamp - Lesholoago Pan Campsite
Um 4:40 Uhr geht der Wecker. Wir duschen, räumen die Zelte weg, kochen den Kaffee auf und überpünktlich um 5:25 Uhr sind wir vorne an der Rezeption, um uns abzumelden. Doch die Schlange ist lang, das Camp ist voll und alle wollen rausfahren heute morgen. So dauert es doch bis 5:42 Uhr, bis wir losfahren und das Nossob Restcamp über das Nordtor hinter uns lassen.
Nach 3 km folgt schon der Abzweig und wir verlassen hier das Nossobtal endgültig, um für die nächsten 160 km in stets östlicher Richtung quer durch die Kalahari zu reiten.
Es ist immer wieder eine wunderschöne, abenteuerliche Fahrt auf tiefsandiger Fahrspur, zunächst ein stetes Auf und Ab über die Dünen, später etwas flacher, mal offene Dünenlandschaften, mal dichter bewachsen durch die Dornbuschsavanne und immer auch wieder durch beeindruckend grüne Felder mit vielen, vielen gelben Blumenblüten.
Wir nehmen uns Zeit, halten immer mal wieder kurz an, machen Fotos, geniessen die Stille. Es sind nur wenig Tiere zu sehen, ab und zu mal ein Oryx, immer wieder ein Steenbok (wir zählen mal alle einzelnen Sichtungen: 16 sollen es über den ganzen Tag werden).
Auf der Campsite Motopi 1, auf etwa halbem Weg gelegen, machen wir eine kurze Pause mit einer Schüssel Haferbrei und einem Apfel.
Als wir in die Mabuasehube-Region gelangen, weht ein starker, heisser Wind. Bereits um 11:30 Uhr sind es schon wieder 38° C. Wir fahren an den grossen Salzpfannen Bosobogolo und Mpayatuthlwa vorbei, bei letzterer hat es auch ein Wasserloch, wo sich einige Geier tummeln, darunter auch eine neue Art, einem Wollkopfgeier (White-headed Vulture).
Dann kommen wir an der Mabuasehube Pan vorbei und an der Campsite, wo wir die beiden letzten Male gestanden hatten. Dieses Mal fahren wir jedoch noch gut 8 km weiter durch den Busch bis zur etwas kleineren Lesholoago Pan, wo es zwei Stellplätze und ebenfalls ein Wasserloch gibt. Unsere Campsite #1 ist sehr schön gelegen, leicht oberhalb der Pfanne mit tollem Blick in die Weite und perfektem Schattenbaum.
An selbigem bauen wir unser Lager auf, würfeln eine Runde und chillen etwas in der Hängematte. Am Horizont türmen sich grosse Gewitterfronten auf.
Eigentlich wollten wir für den abendlichen Gamedrive nur zum Wasserloch auf der anderen Seite der Pan fahren und uns dort für eine Weile hinstellen. Nun aber ist kein Wasser mehr da, auch wenn es nur einige Tage zuvor, wie uns aus erster Hand berichtet wurde, noch so gewesen sei. Daher sind auch nur sehr wenige Tiere in der Nähe, ein einzelnes Gnu und eine kleine Herde Springböcke geben sich die Ehre.
So fahren wir halt nochmals rum und zuerst zur Mabuasehube und nachher zur Mpayatuthlwa Pan. Auf dem Hinweg überfahren wir vermeintlich eine Schlange, wohl eine Puffotter. Sie zieht sich blitzschnell unter einen Busch direkt am Pistenrand zurück, macht keinen Wank mehr, atmet aber noch. Eine Verletzung sehen wir nicht. Auf dem Rückweg jedenfalls ist sie dann nicht mehr zu sehen.
In der Mabuasehube Pan hat es kein Wasser und demnach auch keinerlei Tiere, die angelockt würden. Am Wasserloch der Mpayatuthlwa Pan hat es welches, noch sind aber nicht viele Tiere zu sehen. Lediglich in der Ferne auf der Pfannenebene äst eine grosse Herde Springböcke.
Dann fahren wir wieder zurück und machen Feuer für unsere Pasta aus dem Potjie.
Kaum hat es eingedunkelt, ich hantiere gerade irgendwas beim Auto in der «Küche» rum, gewahre ich eine Bewegung links von mir. Eine andere Formulierung will mir nicht einfallen, aber wie aus dem Nichts steht eine Braune Hyäne mitten in unserem Camp, direkt unter unserem Schattenbaum und inspiziert unser Lager. Ich warne Beenie und sofort flüchten wir ins Auto, lassen die Scheinwerfer an und gucken, was die Hyäne so macht. Sie ist von uns komplett unbeeindruckt und schnüffelt rum, ist sichtlich daran interessiert, etwas zu Essen zu finden. Derweil blubbert unsere Pasta über dem Feuer und sollte dringend mal gerührt werden… Nach kurzer Zeit ist die Hyäne scheinbar verschwunden und ich traue mich, vorsichtig auszusteigen und um das Auto rum zu gucken. Aber sie steht gleich dahinter, vielleicht fünf Meter von mir weg, sofort klettere ich ins Auto zurück. Wir rufen ihr zu wie Sennen ihren Kühen, dann trollt sie sich endlich und verschwindet in der Dunkelheit.
Was für ein Nervenkitzel! Wir sind wieder mal erstaunt, wie unvermittelt diese Tiere einfach plötzlich auftauchen und sind auch wieder mal daran erinnert, dass es auf solchen Camps einfach unabdingbar ist, stets aufmerksam zu sein. Die Braune Hyäne scheint nicht im geringsten aggressiv zu sein und Gefahr drohte uns eher keine, aber für uns war das dann doch ein kleines bisschen «too close for comfort». Daher sind wir noch länger ziemlich nervös und essen die Pasta, die zum Glück weder angebrannt noch verkocht ist, dann lieber im Auto sitzend. Doch eigentlich weiss ich jetzt, da ich gerade ein sehr interessantes Buch über diese faszinierenden Karnivoren lese, dass sie schon längst weitergezogen sein muss, denn sie bewegen sich schnell und beständig, durchschnittlich bis zu 31 km pro Nacht.
Gleich nach dem Essen räumen wir alles hyänensicher weg und begeben uns in unsere Zelte.
Daten des Tages
Tageshöchsttemperatur: 40° C
Tageskilometer: 236,80 km
Donnerstag, 16. Dezember 2021
Lesholoago Pan Campsite
Heute lassen wir uns etwas mehr Zeit mit Aufstehen und Kaffee kochen, so dass wir erst knapp nach 6 Uhr loskommen auf den Gamedrive.
Wir fahren in südöstliche Richtung bis zu den beiden Monamodi Pans, in der zweiten hat es ein aktives Wasserloch. Auf dem Weg dorthin sehen wir wiederum ein paar Steenbok und einen im Gras gut versteckten Buschhasen (Scrub Hare), ansonsten sind keine weiteren Säuger anzutreffen.
Daher konzentrieren wir uns etwas mehr auf’s Birding und bestimmen noch zwei, drei weitere Arten.
Um die zweite, kleinere Pfanne führt ein schöner Rundweg und ans Wasserloch heran. Zuerst umrunden wir die alte Salzpfanne einmal, auf der gegenüberliegenden Seite, als wir gerade einem Kanarienvogel nachgucken, sehen wir einen grossen Schwarm an Vögel auf das Wasserloch zufliegen. Wir beenden die Runde und kommen zurück zum Wasserloch, wo wir feststellen können, dass es sich um einige Hundert Fleckenflughühner (Burchell’s Sandgrouse) handelt. Das gibt ein ordentliches Spektakel, die Flughühner kommen jeweils in Splittergruppen an den Rand des Reservoirs und trinken in etwa fünf bis sechs schnellen Stössen, um dann sofort wieder laut kommunizierend und in hoher Geschwindigkeit davon zu flattern.
Dann fahren wir den gleichen Weg gemütlich zurück und entscheiden, die restlichen 1,5 Tage hier einfach auf der Campsite zu verbringen. Insgesamt sind die Gamedrive-Möglichkeiten schon recht limitiert, auf den Verbindungspisten zwischen den Pfannen sieht man so gut wie nix und man muss weite Wege nehmen, kann das beste Licht dann aber trotzdem nicht nutzen. Noch werden wir viele weitere Gamedrives machen können und wir haben keine Angst, etwas zu verpassen.
Zum Frühstück wärmen wir uns die Reste von den Pasta, zudem backen wir die Roosterkoek fertig, welche erfreulicherweise auch immer besser werden (dieses Mal haben wir den Teig mit Dörrtomaten verfeinert).
Es wird ein ausgesprochen entspannter Tag auf der Campsite, die Ruhe und Einsamkeit hier draussen ist ein wahrer Luxus, und ich empfinde es als ein grosses Geschenk, das (zum wiederholten Mal) erleben zu dürfen. Ich merke, wie ich immer mehr runterkomme, abschalte und es auch geniessen kann.
Wir liegen im Zelt oder in der Hängematte, lesen oder dösen, spielen Würfel, schreiben Tagebuch, glasen die Umgebung ab, gucken an den Horizont, wo sich weit weg imposante Gewitterwolken auftürmen.
Und wir fangen dann früh am Abend an mit Feuer machen und kochen - heute im Topf: Reis mit Gemüse und die letzten beiden Sirloin Steaks.
Es herrscht eine beeindruckend schöne Abendstimmung und intensives Licht über der Pfanne, der Mond ist nun fast voll, und weit weg, vielleicht über der Zentralkalahari, entladen sich die Gewitter.
Zur «Blue Hour» machen wir noch ein Foto von uns und unserer Campsite (Titelbild dieses Kapitels), bevor wir früh in die Zelte kriechen und den diversen Geräuschen der hereinbrechenden Nacht lauschen.
Daten des Tages
Tageshöchsttemperatur: 37° C
Tageskilometer: 37,5 km
Freitag, 17. Dezember 2021
Lesholoago Pan Campsite
So richtig ausschlafen geht schon gar nicht mehr, der Biorhythmus ist umgestellt - erwacht die Natur, erwachen auch wir. Aber immerhin bis 6 Uhr kann ich liegen bleiben und kaum bin ich aufgestanden und am Kaffee kochen, ist von weit her Löwengebrüll zu hören. Es ist kühl heute Morgen bei knapp unter 14° C und ich ziehe mir tatsächlich einen Pulli an. Aber es ist ein herrlicher Morgen in Afrika, die Sonne scheint mir ins Gesicht, die Tauben gurren, die Singvögel trällern, Weissflügeltrappen krächzen im hohen Gras, unten in der Pfanne äsen ein paar Springböcke. Der pure Frieden.
Den ganzen Tag verbringen wir auf unserer Campsite.
Ich stelle ein bisschen den Vögeln nach, verbuche aber nur sehr mässigen Erfolg. Einen Kalahari Heckensänger bringe ich aber ganz gut hin, der immer wieder vorbei schaut und auf dem Boden rumhüpft.
Ansonsten liegen wir im Zelt oder der Hängematte und Lesen, dann machen wir uns Frühstück und spielen anschliessend wieder eine Partie Würfel.
Gegen Mittag kommt wieder stärkerer Wind auf, dieses Mal mehr von Osten her. Dafür türmen sich im Westen immer mehr Gewitterwolken, gegen 15 Uhr rollt eine dunkle Wand auf uns zu.
Vorsorglich räumen wir alles weg, fangen noch eine Partie «Stadt - Land - Fluss» an und müssen dann aber bald ins dicht geschlossene Zelt flüchten.
Der Regen ist zwar nicht allzu stark, aber einige Blitze schlagen mehr oder weniger direkt neben der Campsite oder zumindest irgendwo ganz in der Nähe ein.
Wir brauchen Feuer zum kochen* und müssen daher abwarten, bis es vorüberzieht. Tut es aber nicht wirklich und irgendwann habe ich aber die geniale Idee, den Campingtisch über die Feuergrube zu stellen und so einen Regenschutz zu bauen.
Das funktioniert nach ein paar Anläufen dann auch tatsächlich recht gut und so können wir uns einen Topf Spaghetti mit Pestosauce kochen, die wir dann im trockenen Auto sitzend runterschlingen.
Dabei wird der Regen wieder etwas stärker, ein paar Blitze zucken am Horizont und Donner grollt mit starkem Bass über uns hinweg. Also schnell ins Zelt, dort ist es trocken und unter der Decke auch kuschelig warm. Was für ein Kontrast! Nachmittags um 15 Uhr hatte es noch 37° C und gut vier Stunden später frieren wir uns bei Regen, Wind und Donner bei 17° C die Finger ab beim Kochen.
* Es sind zwei doofe Fehler passiert, die eigentlich nicht passieren dürfen: zum einen hat Safari Car Rental die zweite, zusätzlich bestellte 5 kg Gasflasche nicht wie bei der Fahrzeugübernahme vom Mitarbeiter behauptet aufgefüllt und zum anderen haben wir es versäumt, das zu kontrollieren. Schon nach zwei, drei Mal benutzen war die Buddel leer, noch als wir bei der Masetleng Pan übernachtet hatten. Daher stand uns nur noch eine zur Verfügung und diese wurde logischerweise auch immer leerer mit der Zeit. Aus diesem Grund wollten wir möglichst viel auf dem Feuer kochen, um morgens wenigstens noch Kaffee machen zu können mit dem Gasbrenner.
Daten des Tages
Tageshöchsttemperatur: 38° C
Tageskilometer: 0 km
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