Von der Reise zurück in die Zivilisation zum Versorgungsstopp in Ghanzi, der Suche nach Gas, Enttäuschungen bei einstigen Lieblingsorten und den Vorbereitungen auf das nächste Abenteuer in neuen Gefilden.
Samstag, 18. Dezember 2021
Lesholoago Pan Campsite - Palm Afrique Lodge, Ghanzi
Der Regen prasselte noch lange bis in die Nacht hinein auf mein Zelt. Am Morgen war es immer noch stark bewölkt und kühl. Wir stehen um 4:50 Uhr auf und sind um 6 Uhr abfahrbereit.
Zehn oder 15 Meter von unseren Zelten entfernt, finden wir diese grossen Abdrücke im Sand. Gut möglich, dass unbemerkt und auf buchstäblich leisen Sohlen ein Löwe unser Lager passiert hat in der Nacht.
Bis zum Parkausgang sind es knapp 25 km, auf dem Weg dorthin sehen wir aber nichts mehr allzu spektakuläres, in der Monamodi Pan hat es noch je ein Oryx und eine Kuhantilope sowie ein paar Springböcke. Am Wasserloch der zweiten Pfanne sind nicht mal mehr die Tauben (da sie jetzt in den Regenpfützen trinken können).
Am Gate werden wir von einem netten Parkangestellten verabschiedet, nachdem wir uns im Registrierbuch ausgetragen haben. «We Love You, Guys! Come back soon!», ruft er uns nach.
Von hier an bis Hukuntsi, das sind so um die 120 km, geht es auf wechselhafter Piste aber doch recht flott voran, mal ein Abschnitt Tiefsand, mal guter Schotter, mal etwas zwischendrin, die letzten 10 km sogar schon Asphalt.
An der Puma Tankstelle wollen wir die Reifen wieder auf asphalttaugliche 2 khpa aufpumpen. «Sorry, it’s not working» wird uns erklärt - wir fahren weiter und müssen lachen; somit wurde die Pumpe also wahrscheinlich in den fast drei Jahren seit unserer letzten Vorbeifahrt hier nicht geflickt.
Ab Hukuntsi ist die Fahrt ganz easy, es ist allerfeinste Teerstrasse, nur sehr wenig Verkehr und mit Tempomat bei 120 km/h und sehr wenig Kurven lässt sich das ganz entspannt fahren. Nach 120 km biegt man in Kang auf den Trans Kalahari Highway. Wir tanken und lassen die Reifen aufpumpen, im Shop hole ich uns eine Kleinigkeit zum Essen und eine Dose Kaltgetränk.
Schon bald sind wir in Ghanzi und wir fahren direkt erstmal in die Stadt hinein zum Gashändler und einem Metzger. Beim Gashändler wird uns aber beschieden, am Donnerstag wieder zu kommen, erst dann nämlich würde wieder neues Gas angeliefert. Wir staunen etwas, denn im abgeschlossenen Käfig, wo die vollen Gasflaschen stehen, ist beileibe etwa nicht alles weg. Ich frage nochmals nach, aber sie hätten das jetzt nicht und er könne da nichts machen. Noch denken wir uns nichts grosses dabei und wollen dann halt morgen oder eher Montag früh nochmals gucken, es wird ja wohl auch noch andere Gasverkäufer geben.
Die Metzgerei hat aber grad auch schon zugemacht und so fahren wir wieder aus dem Kaff raus zum Thakadu Bush Camp. Grad auf der Zufahrt kommt uns ein kleiner VW entgegen mit vier Leuten drin, ich denke, es dürfte sich um die aktuellen Besitzer/Manager handeln. Alle vier machen einen ziemlich bis sehr betrunkenen Eindruck, sie labern kurz was, ob wir gebucht hätten, sie kämen dann bald wieder, ein Mitarbeiter würde uns in Empfang nehmen.
Wir parken bei der Rezeption/Restaurant und gucken etwas rum, das alles schaut jetzt so richtig verlottert und vernachlässigt aus, im Restaurant im seitlich offenen, gedeckten Bereich wurden alle Tische weggeräumt, der grosse Kühlschrank hinter der Bar praktisch leer, alles ist irgendwie schmuddelig und versifft. Ein noch betrunkenerer Typ wankt uns entgegen, immer, wenn er mit uns spricht, muss er sich irgendwo dagegen lehnen oder abstützen. Wohlgemerkt, es ist gerade mal Mittag durch. Er erzählt uns irgendwas von wegen die gebuchten Meru Tents stünden wegen Nebensaison derzeit nicht zur Verfügung, man könne uns ein Chalet geben, ohne dass wir den Aufpreis bezahlen müssten. Wir überlegen und ich sage ihm noch, dass uns das hier nicht mehr so sympatisch sei, hier seien ja alle betrunken und der Ort ziemlich im Eimer. Er so: «I’m not drunk! I was just asleep and only got up when you guys came in»… Beenie und ich gucken uns an, schütteln den Kopf und sehen zu, dass wir von hier wegkommen.
Was für eine Schande für einen so tollen Ort. Drei Mal sind wir hier eingekehrt, zuletzt vor knapp drei Jahren. Schon damals hatten wir den Eindruck, dass der Laden mal eine Renovation gebrauchen könnte, was die Räumlichkeiten und das Mobiliar betrifft. Aber ansonsten war alles tiptop, sauber, es gab sehr leckeres Essen und das Management hatte den Laden im Griff. Der Betrunkene hatte noch was gebrabbelt, dass die ehemalige Managerin jetzt in Maun etwas übernommen habe und es liegt somit der Schluss nahe, dass es seit da und halt leider auch der Pandemie dann aber ganz schnell ziemlich den Bach runter ging mit dem Ding. Sehr schade, wir waren immer gerne dort.
Zuerst fahren wir zum Ghanzi Trail Blazers, das schaut dann aber auch nicht gerade sehr einladend aus und wirkt ebenfalls sehr verlassen. Da haben wir grad keinen Bock drauf und fahren zur noch etwas weiter südlich gelegenen Palm Afrique Lodge.
Dort werden wir sehr freundlich empfangen, wir fühlen uns gleich wohl und das Zimmer ist zwar etwas teurer, aber sehr geräumig und sauber, mit riesiger Dusche und hohen Räumen. Nehmen wir.
Später gönnen wir uns einen Rock Shandy in der Lapa und nach etwas Entspannen auf dem Zimmer ist es irgendwann auch 19:30 Uhr und Zeit für das Abendessen. Es gibt Buffet mit Suppe als Vorspeise, diversen Beilagen und drei verschiedenen Sorten Fleisch zur Auswahl. Es ist nichts wirklich Besonderes, aber ordentlich und vor allem reichlich.
Daten des Tages
Tageshöchsttemperatur: 24° C
Tageskilometer: 556,5 km
Sonntag, 19. Dezember 2021
Palm Afrique Lodge, Ghanzi
Den Tag gehen wir erstmal entspannt an - müssen wir ja auch fast, denn wir sind trotz «Safari frei» schon gut zwei Stunden vor dem Frühstück wach. Wir trinken Kaffee auf dem Zimmer, chillen, Lesen, bearbeiten erste Fotos.
Beim Essen sprechen wir mit dem etwas wortkargen, aber netten und hilfsbereiten Besitzer und fragen, wo wir alles, was wir benötigen, bekommen können, insbesondere natürlich wo die Gasflaschen abgefüllt werden. Letzteres schaue er gerne mit seinem Koch an, der melde sich nachher bei uns.
Der junge Mann heisst Zethi und ist einfach super nett und kümmert sich sehr rührend um uns. Er telefoniert etwas rum, fragt diverse Leute an, doch keiner kann so wirklich helfen. Kurzum bietet er sich an, mit uns in die Stadt zu fahren, er habe jetzt sowieso Zimmerstunde und gerade Zeit. Das nehmen wir natürlich gerne an und er führt uns dann überall rum und zeigt uns, wo man was bekommt. Wir klappern diverse Geschäfte ab, holen eine SIM-Karte für mich, die wir in einem anderen Geschäft registrieren müssen, in einem noch anderen dann Guthaben kaufen, etc. In zwei verschiedenen Supermärkten stocken wir unsere Vorräte auf, am Ende dann eben fehlt noch das Gas.
Es ist ja Sonntag und der Händler von gestern sowie auch ein zweiter auf dem Hof einer Garage hat natürlich zu. Trotzdem telefoniert Zethi ständig rum, fragt alle möglichen Leute an, doch man kann nichts machen, wir sollen es morgen nochmals versuchen.
Am frühen Nachmittag sind wir zurück zur Lodge, räumen die Einkäufe ein und packen ein paar Sachen, spülen das übrig gebliebene Geschirr. Am frühen Abend gehe ich eine kurze Runde Laufen auf dem Lodge-Gelände, es gibt hier auch ein paar Springböcke und Impalas sowie ein kleines Wasserloch mit einem Aussichtsturm.
Bald nach dem Duschen ist Essenszeit. Da wir ja jetzt mit dem Koch befreundet sind, schmeckt auch das Essen gleich viel besser heute. Mit dem Paar aus Norwegen vom Nebentisch schwatzen wir während und nach dem Essen noch eine Weile, dann aber streichen wir wieder früh die Segel und gehen pennen.
Daten des Tages
Tageshöchsttemperatur: 27° C
Tageskilometer: 33,1 km
Montag, 20. Dezember 2021
Palm Afrique Lodge, Ghanzi - Passarge Valley Campsite #03, Central Kalahari Game Reserve
Noch vor dem Frühstück um 7 Uhr haben wir fast alles wieder ins Auto abfahrbereit eingeräumt. Zum Essen gibt es einen reichaltigen Eier-Teller mit Hackbraten und Gemüse, sowie Toast und Müsli. Im Office können wir noch einen Voucher mit Reservationen für das Central Kalahari Game Reserve ausdrucken lassen, wir organisieren über den Chef noch Feuerholz, checken aus und fahren nach Ghanzi.
Zuerst halten wir im nun geöffneten, offiziellen Orange Store wegen meinem Guthaben, da ich gestern wohl über den Tisch gezogen wurde. Die Verkäuferin meint, der Guthaben-Code wäre nicht geschützt gewesen und daher hat vermutlich jemand auf meine Kosten ganz geschwind all mein Guthaben aufgebraucht.
Dann geht es nochmals zu Viking Gas, um unser Glück zu versuchen. Ich bleibe hartnäckig, frage zwei Mal nach und werde schlussendlich an den Chef verwiesen. Anscheinend haben sie keine Nachfüllflaschen mehr, welche für die Cadac-Campingkochersysteme passen, diese würden erst morgen wieder geliefert (wir erinnern uns; am Samstag war noch von Donnerstag die Rede). Aber es gäbe nichts, was man da tun könne. Auch beim Laden bei der Garage gleich um die Ecke werden wir schnell wieder abgewimmelt.
So fahren wir halt zur Metzgerei, wo wir fast 2,5 kg Rindfleisch für umgerechnet nicht mal 14 Franken kaufen. Es ist ein alter Laden, man fühlt sich direkt zurückversetzt in einen Afrika-Schnulzenfilm aus den 50ern. Während wir auf unser Fleisch warten, smalltalken wir etwas mit der Besitzerin und ich erzähle, wie wir verzweifelt auf der Suche nach Gas wären. Sofort telefoniert sie rum, fragt nochmals bei Viking Gas an, aber es ist wohl wirklich einfach so, dass die Vorräte momentan komplett aufgebraucht sind und sie unser Flaschensystem nicht befüllen können. Sie schickt sogar noch eine Mitarbeiterin los um zu gucken, ob sie selber noch eine Flasche hätten, die sie uns mitgeben kann. Das ist einfach echt unglaublich nett und hilfsbereit, wir bedanken uns sehr und verabschieden uns mit den Worten, dass wir es im Busch draussen halt einfach so wie vor einigen Jahrzenten noch ganz üblich machen: auf dem Feuer kochen.
Bei der Engen Tankstelle bunkern wir Kraftstoff, kaufen Wasser und machen vor dem nächsten Buschabenteuer einen letzten Anruf zu hause. Um 10 Uhr fahren wir los, zuerst noch auf der tiptoppen Teerstrasse in nordöstliche Richtung bis zum Kuke Veterinärzaun. Dort biegt man direkt vor diesem ab auf die Piste zum Tsau Gate des Central Kalahari Game Reserve (CKGR), für gut 40 km bis zum Parkeingang und dann weitere 32 km bis zum Abzweig fährt man schnurgeradeaus dem Zaun entlang.
Die Piste ist recht gut im Schuss, nur einzelne (Schlamm-) Pfützen hat es, es schaut so aus, als hätte es noch nicht allzu heftigen Regen gegeben bisher. Ein Springbock mit einem Kitz läuft vor uns davon auf der Piste. In ihrer Panik kennen sie nur eine Richtung und das ist immer direkt auf der Fahrspur geradeaus zu rennen, sie wollen und wollen nicht in den Busch flüchten. Wir halten an, geben ihnen Abstand, fahren wieder zu. Immer wieder laufen sie auf der Piste vor uns davon, es ist zum verzweifeln und dem Kitz gehen immer mehr die Kräfte aus. Wir warten noch länger und irgendwann aber schaffen sie es dann doch, auf die Idee zu kommen, dass man sich auch in den Busch in die Flucht schlagen kann.
Der Checkin am Gate geht sehr schnell, es ist alles vorgebucht und bezahlt, wir müssen uns lediglich ins Registrierbuch eintragen und schon wird uns Einlass gewährt. Direkt hinter uns folgt ein anderes Fahrzeug mit einem jüngeren Paar - für die eher gelangweilt wirkenden Mitarbeiter gibt es also gleich mächtig was zu tun heute.
Nach den erwähnten gut 30 km am Zaun entlang, welche immer noch sehr easy zu fahren waren, folgt der Abzweig in Richtung Passarge Pan. Ab hier ist es sehr viel enger, das Buschwerk schlägt immerfort an unsere Karre. Die Piste selber ist immer noch einfach zu fahren, es hat nur wenig echten Tiefsand. Das hatten wir uns irgendwie schwieriger vorgestellt - umso besser!
An der ersten Pfanne, der Motopi Pan, hat es ein Wasserloch (mit Wasser) und sogar einigen passenden Wasservögeln (Kuhreiher - Cattle Egret, Seidenreiher - Little Egret, Stelzenläufer - Black-winged Stilt, Rotschnabelente - Red-billed Teal) und etwas weiter weg eine Gruppe stattlicher Kudu-Bullen. Auf der Weiterfahrt treffen wir auf Strausse mit zwei Küken. Man kann sich denken, was jetzt folgt: dasselbe Spiel geht wieder los… Vater Strauss biegt bald mal ab und schlägt sich in den Busch, die beiden Kleinen laufen panisch vor uns auf der Spur. Die beiden im Buschcamper, die zu uns aufgeschlossen hatten, wollten wir informieren und fahren dafür etwas zur Seite. Das wird aber missinterpretiert und wir werden einfach überholt. Nun haben die beiden die blöden Hennen vor sich und treiben sie noch mehr in die Enge, indem sie viel zu nah auffahren… Aber nur so lange, bis Gegenverkehr in Form von zwei Autos mit Südafrikanern auftaucht. Die Straussenküken sind jetzt noch mehr irritiert, laufen wieder zurück in die andere Richtung und werden nun vom ersten Auto der Südafrikaner fortgejagt.
Das hintere hält neben uns an und die Frau auf dem Beifahrersitz fragt mich, ob wir kaltes Bier für sie hätten. Auf meine verneinende Antwort meint sie nur: «You guys are useless!», wir lachen und dann fahren wir weiter.
Bei der Passarge Pan treffen wir auf zwei Giraffen und biegen dann ab in nun nordöstliche Richtung auf die letzten rund 9 km bis zur Campsite.
Das Gelände ist nun viel offener, das fossile Flussystem hat hier im Passarge Valley weite, von saftig grünem Gras bewachsene Ebenen zurück gelassen, durchstanden von einzelnen Baumgruppen oder Büschen.
Die Campsite #3 ist zwar recht hübsch und die Lage sehr friedlich, aber ohne Blick irgendwohin. Wir finden es irgendwie ziemlich sinnbefreit, hier eine Campsite zu bauen und wie eigentlich immer ist alles komplett am zerfallen, die Kohle wird aber munter abkassiert. Aber alles ist gut, wir machen Feuer und Kaffee und fangen dann auch früh an zu kochen.
Leider sind die Sirloin Steaks nicht so zart, dafür aber gelingen uns superleckere Kartoffel-Schnitze in der Folie gebacken und gegrillte Maiskolben.
Anschliessend sitzen wir noch eine Weile am Lagerfeuer und lauschen den vielen Vögeln, die beim Eindunkeln ihre Schlafplätze aufsuchen, und geniessen die überaus friedliche Abendstimmung. Eine auf die Schnelle nicht zu identifizierende Eule fliegt vorbei, von etwas weiter weg hören wir eine Schleiereule krächzen. Als wir im Zelt liegen und nochmals rausgucken, geht über dem Horizont wunderschön der noch fast volle Mond auf.
Daten des Tages
Tageshöchsttemperatur: 32° C
Tageskilometer: 267,9 km
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